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»WENN DIE WELT INS SCHWANKEN GERÄT«

natürlich HAMM Herbst 2022 – Seite 11

Rubrik: Titelthemen

Autor:
Meike Jänsch

Was bei Schwindel geschieht und wann es gefährlich wird

Wir alle kennen es: Auf einmal ist uns schwindelig. Häufig sind es nur wenige Sekunden, in denen wir das Gefühl haben, den „Boden unter den Füßen zu verlieren“. Ein Schwindel kann mal auftreten und muss nicht immer etwas Schlimmes bedeuten. Dreht sich aber häufiger alles, kann das ein Anzeichen für ernsthafte Erkrankungen sein. Wir sagen Ihnen, wie Schindel entsteht und wie er sich verhindern lässt.

Es ist vielen bekannt, dass sich das Gleich­gewichtsorgan des Menschen im Innenohr befindet. Es liegt entsprechend nah am Gehirn. Ständig vermittelt das Organ Signale ans Gehirn zur aktuellen Position des Körpers.

Was dann passiert, zeigt einmal mehr, wie unglaublich das Gehirn ist. Die Position, die die Sinneszellen aus den Bogengängen des Innenohrs vermitteln, stimmt das Gehirn mit den Informationen der Sehnerven und der Muskeln ab. Dadurch werden sowohl die Position des Körpers im Raum als auch die eigene Lage festgestellt. Funktioniert diese Abstimmung nicht, wird uns kurz schwindelig.

Ein Schwindel entsteht schnell und erwischt jeden mal. Er ist daher nicht unbedingt ein ­Symptom für eine Erkrankung. Nach wenigen Sekunden sind Gleichgewicht, Sichtfeld und Muskeln wieder aufeinander abgestimmt. Diese Form von Schwindel wird Lagerungsschwindel genannt und ist die am häufigsten auftretende Form von Schwindel. Es gibt aber auch Formen von Schwindel, die von einer Krankheit ausgehen.

Wenn die Panik überkommt

Die Coronapandemie hat psychische Erkrankungen mehr in den Fokus der öffentlichen Diskussion rücken lassen. Besonders die verschiedenen Krankheitsbilder der Depression sind immer wieder thematisiert worden. Aber auch diverse Angsterkrankungen werden vermehrt thematisiert. Eines der Symptome für eine Angsterkrankung ist der psychosoma­tische Schwindel. Er ist die zweithäufigste Form des Schwindels in Deutschland.

Tritt der Schwindel häufig mit schwitzigen Händen und Herzrasen auf, ist sein Ursprung in den Angstzuständen zu finden. Im Gegensatz zu anderen psychischen Erkrankungen hat der psychosomatische Schwindel keine Auswirkungen auf den Körper. Organe, Muskeln, Knochen und Gewebe bleiben davon unbeeinflusst. Heilung vom psychosomatischen Schwindel bietet daher eine psychologische oder psychiatrische Behandlung – je nach Stärke der Angstzustände.

Weitere Arten der krankheitsbedingten Gleichgewichtsstörung sind zentraler Schwindel und peripherer Schwindel. Ersterer entsteht, wie der Name es vermuten lässt, durch Probleme im zentralen Nervensystem. Sehr häufig gehen dieser Art von Schwindel Störungen im Gehirn voraus, wie etwa Schlaganfälle oder Tumore. Ist der Patient geheilt, kann der zentrale Schwindel auch Jahre später noch auftreten.

Ein peripherer Schwindel entsteht, wenn die beiden Gleichgewichtsorgane beschädigt sind. Das kann durch eine Viruserkrankung des Innenohrs oder eine Entzündung des Organs geschehen. Manchmal tritt der Schwindel auch mit einem Tinnitus auf. Typisch für die Schwindelattacken sind ein wackeliges Sichtbild, wenn sich der Körper in Bewegung befindet.

Ein fester Stand gegen den Schwindel

Bei häufig auftretendem Schwindel lohnt es sich also, eine ärztliche Meinung einzuholen. Selbst dann kann es sein, dass keine Erkrankung festgestellt werden kann. Wollen Sie aber die Schwindelanfälle reduzieren, lautet Ihr Ziel: Stabilität. Es fängt an mit dem Stand. Stellen Sie sich vor einen Spiegel und achten Sie dabei auf die einzelnen Körperregionen. Gibt es Unsicherheiten? Verspüren Sie Schmerzen im Körper? Sind die Füße gleich belastet? Wenn Sie diese oder ähnliche Anzeichen merken, helfen Sport und Bewegung. Hier kann ein langer, schneller Spaziergang schon viel bewirken. Konzentriertes Gehen beansprucht die gesamte Muskulatur und sorgt damit für die Stabilisierung der eigenen Haltung.

Sollten Sie allerdings merken, dass Ihre Füße eine gute Körperhaltung (mit-)verhindern, kommt der Igelball zum Einsatz. Was aussieht wie ein harmloses Spielzeug für den Hund, sorgt an diversen Körperstellen für teils schmerzvolle Erfahrungen – besonders an den Fußsohlen. Aber genau dort kann der Igelball gegen Schwindel helfen. Zum einen löst das stachelige Utensil Verspannungen und fördert die Muskeln. Zum anderen werden an der Fußsohle entsprechende Muskelpartien angesprochen. So können diese wieder vermehrt verwendet und der Stand verbessert werden. Einen weiteren positiven Effekt hat der Igelball bei der Sensibilisierung. Neben der Lockerung von Muskeln fördern Igelbälle auch die Sensibilisierung der Nerven. So stärkt sich das Gefühl im Fuß und somit die Selbstkontrolle für einen stabilen Stand.

Ein Effekt, der Schwindel auslösen kann, ist ein unruhiger Kreislauf. Eine Stabilisierung desselbigen ist daher eine gute Vorbeugung. Das kann durch Konditions- und Ausdauertraining erreicht werden. Dabei wird der Puls für einen längeren Zeitraum einer höheren Frequenz ausgesetzt. Dadurch wird der Herzmuskel gestärkt und kann somit den Blutdruck besser gleichmäßig halten. Welche Ausdauersportart gemacht wird, ist dabei egal.

Der medizinische Weg

Es gibt auch andere Wege gegen den Schwindel. Haben die eben genannten Methoden keinen Erfolg, gibt es auch medizinische Wege. In der Schulmedizin werden Antihistamine und Kalziumkanidolblocker verwendet. Sie helfen sowohl gegen den peripheren als auch gegen den zentralen Schwindel. Gerade bei der Linderung von chronischem Altersschwindel werden sie angewandt.

Wie bei allen Mitteln gibt es auch bei diesen Nebenwirkungen. So treten häufig Benommenheit und Müdigkeit als Nebenwirkungen auf. Daher sollten die entsprechenden Medikamente nicht ohne ärztliche Aufsicht eingenommen werden. Ein Arzt kann Ihren Körper nach einer Untersuchung besser einschätzen und entscheiden, welche Medikamente in welcher Dosierung infrage kommen.

Wer unter angstbedingtem Schwindel leidet, muss das Hauptaugenmerk auf die Beseitigung der Angstzustände setzen. Dazu werden häufig Benzodiazepine verwendet, die die Angstaus­lösung im zentralen Nervensystem dämpfen sollen. Allerdings beeinträchtigen sie auch die Aufmerksamkeit und haben ein hohes Suchtpotenzial. Darum sollte die Einnahme dieses Wirkstoffes, der sich u. a. in Lorazepam, Alprazolam und Bentazepam findet, immer nur über einen kurzen Zeitraum und unter ärztlicher sowie respektiver psychologischer Aufsicht eingenommen werden.

Wer lieber natürlichen Hilfsmitteln vertraut, der kann auf Ginkgo und Ingwer zurückgreifen. Ginkgo fördert die Durchblutung des Gehirns. Das schärft die Sinne und sorgt dafür, dass die Kommunikation zwischen dem Gleichgewichtsorgan, den Augen und den Muskelzellen im Gehirn gefördert wird. Ingwer wirkt gegen eine mögliche Folge von Schwindel. Da die Wurzel der Ingwerpflanze Magen und Verdauungstrakt beruhigt, ist sie auch ein beliebtes Hilfsmittel gegen Übelkeit. 

Es ist also nicht schlimm, wenn die Welt mal ins Wanken gerät. Die Wahrnehmung von Gleichgewicht ist eine ständige Meisterleistung des Körpers, da können kurze Aussetzer mal vorkommen. Wird es aber häufiger schummerig oder wackelig auf den Beinen, gibt es viele Methoden, die selbst angewendet werden können, um alles wieder „ins Lot“ zu bringen. Auf alle Arten von Schwindel gibt es eine Antwort, weswegen uns nicht zu mulmig werden sollte, wenn sich wieder alles dreht.